Gemälde von Caspar David Friedrich mit dem Titel: »Mönch am Meer«, geschaffen 1808-1810

Öl auf Leinwand

171.5 x 110 cm


Inv. Nr.: NG 9/85

Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie

Mönch am Meer, 1808-1810
Caspar David Friedrich

»Es ist nemlich ein Seestük, Vorne ein öder sandiger Strand, dann, das bewegte Meer, und so die Luft. Am Strandte geht Tiefsinnig ein Mann, in schwarzem Gewande; Möfen fliegen ängstlich schreient um ihn her, als wollten sie ihm warnen, sich nicht auf ungestümmen Meer zu wagen. – Dies war die Beschreibung, nun kommen die Gedanken: Und sännest du auch vom Morgen bis zum Abend, vom Abend bis zur sinkenden Mitternacht; dennoch würdest du nicht ersinnen, nicht ergründen, das unerforschliche Jenseits!« (zit. nach: H. Zschoche, Caspar David Friedrich. Die Briefe 2005, S. 64). Mit diesen Worten beschrieb Caspar David Friedrich sein Gemälde »Mönch am Meer«. Zwei Jahre arbeitete er an dem Bild, mehrfache Veränderungen und Übermalungen führten zu einer ungewöhnlichen Abstraktion der Komposition. In klarer Einfachheit ist das Bild horizontal in die drei Elemente Land, Meer und Himmel gegliedert. Bloßen Hauptes geht ein Mönch am Ufer entlang, Möwen umflattern ihn. Neben dem Menschen sind sie die einzigen Lebewesen. Vor dem Einsamen liegt in bleierner Schwärze das unermesslich weite Meer, es gibt keine Begrenzung, keinen Halt. Die grauen Wolkenschleier über dem Wasser geben erst weiter oben überraschend den Blick ins helle Himmelsblau frei.
1810 wurde das Gemälde auf Anregung Friedrich Schleiermachers, gemeinsam mit seinem Gegenstück »Abtei im Eichwald« (Nationalgalerie, Inv.-Nr. NG 8/85), auf der Berliner Akademieausstellung gezeigt und dort von König Friedrich Wilhelm III. erworben. Friedrichs Malerei war damit von höchster Stelle nobilitiert. Im selben Jahr ernannte die Berliner Akademie der Künste den in Dresden lebenden Maler zu ihrem Mitglied. Mönch am Meer erlangte durch die radikale Reduktion seines Gegenstandes ein vielfältiges Echo, das zum frühen Ruhm Friedrichs beitrug. In den Berliner Abendblättern vom 13. Oktober 1810 kommentierte Heinrich von Kleist in seinem Artikel mit dem Titel »Empfindungen vor Friedrichs Seelandschaft« das »wunderbare Gemälde«, in dem er eigenes Denken und Fühlen gespiegelt sah (H. v. Kleist, Empfindungen vor Friedrichs Seelandschaft, in: Berliner Abendblätter, 13.10.1810, S. 48). Zuvor hatte Kleist Clemens Brentano und Achim von Arnim um eine Rezension zum »Mönch am Meer« gebeten, die er seiner Veröffentlichung zugrunde legte. Sowohl die Äußerungen Brentanos als auch der Text von Kleist gehören zu den eindrücklichsten und tiefsinnigsten Reflexionen über Friedrichs Gemälde und dessen damals ungewöhnlich moderne Landschaftsauffassung. Während Brentano die Sehnsucht als fortdauerndes Streben nach dem Unerreichbaren und das Verhältnis des Menschen zur Unendlichkeit thematisierte, artikulierte Kleist seine apokalyptische Weltsicht und das Gefühl der Einsamkeit. Seine Interpretationskunst gipfelt in der berühmten Metapher von den weggeschnittenen Augenlidern, die auf Entgrenzung und Verlorenheit zielt und deren emotionale Wucht ihresgleichen sucht. | Birgit Verwiebe

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Bildnachweis
Andres Kilger
Lizenz
Public Domain Mark 1.0