Zeichnung von Caspar David Friedrich mit dem Titel: »Studie zum Winter«, geschaffen nan

Bleistift, teilweise durchgegriffelt

275 x 192 mm


Inv. Nr.: 41098

Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett

Studie zum Winter, 1803
Caspar David Friedrich

Während Prybram-Gladona teilweise zu Recht in der Kreidezeichnung eine exakte Vorbereitungszeichnung für die Hamburger Sepia (vgl. Inv.-Nr. 41118) annimmt (Anm. 1), glaubt Börsch-Supan in dem Blatt eine Zwischenkomposition zu erkennen, die neben den beiden Tageszeitenzyklen von 1803 und 1826 die Existenz eines weiteren, um 1807 entstandenen Zyklus beweisen würde. Das vorliegende Blatt stellt laut Börsch-Supan eine Variation zum Winterblatt beider Zyklen dar. Die Mauer- und Pfeilerreste wiesen gegenüber 1803 Veränderungen auf, stimmen aber auch nicht mit der Form von 1826 überein, „so dass hier wohl die Komposition von etwa 1807 für die Variante von 1826 überarbeitet worden ist.“ (Anm. 2) Börsch-Supan bezeichnet das Blatt deshalb als zwischen den Varianten von 1803 und 1834 stehend: „Der Zweck der auf der Rückseite geschwärzten Zeichnung mit Pausspuren war der, die Komposition von Inv.-Nr. 342 [das ist die Fassung von 1807, Anm. d. Verfassers] zu überarbeiten und auf Inv.-Nr. 432 [das ist die Hamburger Sepia, Anm. d. Verfassers] zu übertragen. Man wird sich als weiteres Hilfsmittel für die Übertragung der Komposition von Inv.-Nr. 342 auf die Zwischenzeichnung vielleicht eine Pause auf Transparentpapier denken müssen.“ (Anm. 3) Sumowski geht hingegen davon aus, dass das Blatt für beide Fassungen verwendet wurde, also bereits bei der Arbeit für den Ehlers-Zyklus entstanden sein muss.(Anm. 4) „Bis auf das Motiv einer Frau, die mit am Grabe sitzt, sind beide Kompositionen identisch. Die lineare Fassung ist rückseitig mit Kreide eingeschwärzt. Es handelt sich also um einen Karton, der auf das Papier für die Sepia übertragen wurde. Durch den Karton hat sich Friedrich die Arbeit an der bildmäßigen Zeichnung erleichtert; er gab sich aber auch die Möglichkeit, sein Werk ohne Mühe zu replizieren. Der Karton ist nochmals beim „Winter“, ebenfalls in Hamburg, verwendet worden. Doch ehe Friedrich gepaust hat, wurde die Komposition um die Frau erweitert, die er bei der Sepia ihrem Mann zuzugesellen wünschte. Außerdem hat er die Komposition nicht im Ganzen übernommen, sondern die Architektur durch Änderungen und Weglassungen vereinfacht, und bei den Bäumen ist die Zahl der Äste und Zweige reduziert worden.“ (Anm. 5) Die Deutung Sumowskis deckt sich mit dem Befund des Blattes, bedarf jedoch der Präzisierung: Friedrich konnte das bereits für den Zyklus von 1803 benutzte Blatt sozusagen auf den Stand von 1826 bringen, indem er Teile ausradiert und hinzugefügt hat. Mit kräftigem Strich hat er die am Grab sitzende Frau nachträglich eingefügt, ebenso das schräg stehende Kreuz hinter dem Mann und zu diesem Zweck auch den Baum rechts daneben übergangen. Die Kirchenruine entsprach ursprünglich der Fassung von 1803, ist dann durch Ausradierungen aber auf die niedrigere Höhe der Variante von 1826 reduziert worden; in der ausgeführten Sepia ganz weggefallen ist schließlich der echte Pfeiler mit dem Bogenansatz. Das gleiche Format aller drei Zeichnungen belegt zusammen mit der Schwärzung der Versoseite und den teilweisen Durchgriffelungen die Funktion von Inv.-Nr. 41098 als Karton (Anm. 6), den Friedrich für beide Versionen benutzt hat. Die Zeichnung ist deshalb nicht mit dem von Börsch-Supan vermuteten zweiten, um 1807 entstandenen Zyklus in Verbindung zu bringen.

Peter Prange

1 Prybram-Gladona 1942, S. 115.
2 Börsch-Supan 2006, S. 37, Anm. 12.
3 Börsch-Supan 1973, S. 403, Nr. 342.
4 Sumowski 1970, S. 150.
5 Sumowski 1990, S. 47.
6 Eine ähnliche Funktion nimmt für die Engel in Anbetung ein Blatt in Mannheim ein: Engel in Anbetung, Bleistift, schwarze Kreide, 256 x 326 mm, Kunsthalle Mannheim, Inv. Nr. G 442, vgl. Grummt 2011, S. 774-775, Nr. 849, Abb. Die Maße der Darstellung stimmen mit dem Hamburger Blatt (Kat. 41116) überein. Für Auskünfte danke ich Thomas Köllhofer, Mannheim.

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Bildnachweis
Hamburger Kunsthalle / bpkFoto: Chrsitoph Irrgang
Lizenz
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