Das Blatt gilt seit dem Erwerb aus dem Besitz von Friedrichs Enkel Harald Friedrich 1906 als Werk Friedrichs, ist jedoch erst durch den Katalog der Heidelberger Ausstellung 1964 in die Forschung eingeführt worden. Die dort geäußerte Vermutung, das Blatt könnte als Vorstudie – insbesondere die frontal auf das Ufer zukommenden Schiffen unterhalb der drei abgetakelten – für Friedrichs Gemälde „Die Lebensstufen“ (Anm. 1) in Leipzig Verwendung gefunden haben, ist durch den Nachweis verschiedener Vorzeichnungen für die Schiffe auf dem Gemälde durch Börsch-Supan widerlegt. (Anm. 2)
Das Hamburger Blatt ist um 1815 angesetzt worden, denn um 1815 häufen sich bei Friedrich Skizzenbuchblätter mit Darstellungen einzelner Schiffe. (Anm. 3) Seine Autorschaft ist nie angezweifelt worden, einzig Grummt ordnet das Blatt den fraglich zugeschriebenen Werken Friedrichs zu, allerdings ohne nähere Begründung. (Anm. 4) Abgesehen von der Tatsache, dass die Signatur eine spätere Zutat ist, ist auf dem Blatt in der zeichnerischen Durcharbeitung tatsächlich eine Regelmäßigkeit des Strichs erkennbar, die sich um 1815 in Friedrichs Werk nicht feststellen lässt. Andererseits weist auch dieses Blatt die von Grummt für Friedrich als charakteristisch herausgearbeitete Lavierung auf, über der das Lineament des Bleistifts liegt. In der Auffassung steht es früheren, bereits um 1806 entstandenen Blättern mit Ruderbooten (Anm. 5) oder Segelschiffen (Anm. 6) näher.
Peter Prange
1 Die Lebensstufen, Öl/Lw, 72,5 x 94 cm, Leipzig, Museum der bildenden Künste, Inv. Nr. 1217, vgl. Helmut Börsch-Supan/Karl Wilhelm Jähnig: Caspar David Friedrich. Gemälde, Druckgraphik und bildmäßige Zeichnungen, München 1973, S. 438, Nr. 411, Abb.
2 Börsch-Supan 1973, S. 438.
3 Vgl. z. B. Grummt 2011, S. 672-674, Nr. 721-723, Abb.
4 Grummt 2011, S. 926, Nr. II-16, Abb.
5 Ruderboot in neun verschiedenen Ansichten, Bleistift, 195 x 245 mm, Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. SZ 34, vgl. Grummt 2011, S. 479, Nr. 509, Abb.
6 Segelschiff, Bleistift, 197 x 239 mm, Düsseldorf, museum kunst palast, Graphische Sammlung, Inv. Nr. 1939/92, vgl. Grummt 2011, S. 479-480, Nr. 510, Abb.