Gemälde von Caspar David Friedrich mit dem Titel: »Eichbaum im Schnee«, geschaffen 1829

Öl auf Leinwand

48 x 71 cm


Inv. Nr.: A II 338

Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie

Eichbaum im Schnee, 1829
Caspar David Friedrich

Der Baum, dem die deutsche Romantik den stärksten Ausdruck abgewinnen sollte, tritt schon in den von James Macpherson 1762/63 veröffentlichten, in Deutschland bereits 1774 durch Goethes »Werther« bekannt gewordenen ›ossianischen‹ Gesängen in Erscheinung, in denen Heldentum häufig mit dem Symbol der Eiche verbunden wurde. Auch Caspar David Friedrich hat keinem Baum so viel Aufmerksamkeit zuteil werden lassen wie der Eiche. Bestimmte Bäume mit ausgeprägter Charakteristik, von ihm zunächst präzise nach der Natur gezeichnet, stellte er mehrmals in verschiedenen Bildern dar, häufig mit patriotischem Hintergrund. Meist umstehen die Eichen gotische Ruinen, Friedhöfe oder Hünengräber, oft ist es Spätherbst oder Winter. Die Bäume haben ein langes Schicksal hinter sich, sie haben Wind und Wetter standgehalten, sind von Stürmen gezeichnet oder vom Blitz getroffen. Ihr hohes Alter zeigt sich in abgestorbenen Ästen. Mit sichtbarem Respekt vor ihrer Individualität hat Friedrich diese Eichen wiedergegeben.
In Friedrichs Gemälde steht in winterlicher Weite an einem kleinen Tümpel einsam ein alter Eichbaum. Kronenlos und an der Spitze wohl schon abgestorben erscheint er wie ein monumentales Sinnbild der Vergänglichkeit. Vor ihm am Boden liegen seltsam erstarrt wirkende, wie Fabelwesen anmutende Reste eines gestürzten Stammes. Die knorrigen, gekrümmten Äste und filigranen Zweige der Eiche bilden vor dem kühlen Himmelsblau ein eindrucksvolles Ornament. Sie tragen noch das braune Laub des Vorjahres, das der Baum erst im Frühjahr mit dem Wachstum der neuen grünen Blätter verlieren wird. Wie in einigen anderen Gemälden mit Eichbäumen hat Friedrich sich auch hier für ein Winterbild entschieden. Der Schnee war ihm »das große weiße Tuch, der Inbegriff der höchsten Reinheit, worunter die Natur sich zu einem neuen Leben vorbereitet« (Caspar David Friedrich in Briefen und Bekenntnissen, München 1974, S. 129). Friedrich hat keinen trüben Wintertag dargestellt, sondern mit dem lichten Blau des Himmels ein Zeichen der Hoffnung gesetzt. »Eichbaum im Schnee« ist die konzentrierteste, kompositorisch ausgereifteste Fassung des Motivs der Eiche in einer Winterlandschaft, das Friedrich bereits in den Gemälden »Hünengrab im Schnee« (1807, Galerie Neue Meister, Dresden), »Winter« (1808, ehemals Bayerische Staatsgemäldesammlung München, 1931 durch Brand verloren), »Abtei im Eichwald« (1809/10, Nationalgalerie, Inv.-Nr. NG 8/85), »Klosterfriedhof im Schnee« (1819, ehemals Nationalgalerie Berlin, Kriegsverlust) und »Eiche im Schnee« (1827, Wallraf-Richartz-Museum, Köln) dargestellt hatte. | Birgit Verwiebe

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Bildnachweis
Jörg P. Anders
Lizenz
Public Domain Mark 1.0