Der Aufbruch frühromantischer Malerei am Beginn des 19. Jahrhunderts war kein mählicher Wandel des Stilgeschmacks, sondern eine künstlerische Revolution von radikaler Konsequenz. Der so genannte „Tetschener Altar“ ist das programmatische Hauptwerk aus der Frühzeit Friedrichs, und es bezeichnet seinen vollkommenen Bruch mit den überkommenen Kunstregeln und -konventionen: Ein geistig verdichtetes und im Formalen höchst konzentriertes Landschaftsbild ist zum religiösen Andachtsbild erhoben worden. Solche Grenzüberschreitung provozierte folgerichtig eine prinzipielle Auseinandersetzung, in deren Verlauf der Künstler und sein Werk berühmt wurden und die als Ramdohr-Streit in die Kunstgeschichte eingegangen ist. In Entgegnung auf seinen Hauptkritiker sah Friedrich sich veranlasst, selbst eine Deutung des Bildes zu geben, beispielhafte Grundlage für Erklärungsversuche auch anderer seiner Sinnbilder. Der Felsen etwa ist danach ein Symbol für die Glaubensfestigkeit, die immergrünen Tannen stehen für „unsere Hoffnung auf ihn, den Gekreuzigten“.
Das Gemälde, von Friedrich zunächst dem Schwedenkönig und Napoleon-Gegner Gustav IV. Adolf von Schweden zugedacht und so im Bedeutungsgehalt wohl auch mit einer patriotischen Sinnebene verbunden, wurde bei seiner Vollendung von dem Grafen von Thun-Hohenstein für dessen Schloss Tetschen erworben und dort in einem der Privatgemächer aufgestellt, niemals jedoch als Altarbild in der Kapelle, obwohl der von Christian Gottlieb Kühn nach Friedrichs Entwurf geschnitzte Rahmen die sakrale Bestimmung betont. (Autor: Gerd Spitzer, 2018)