Zusammen mit dem „Kreuz im Gebirge“ wurde diese böhmische Gebirgslandschaft 1921 aus dem Schloss Tetschen für die Gemäldegalerie erworben. Ein gleichgroßes Gegenstück mit derselben Gegend, nur in Abendstimmung, gelangte damals nach Stuttgart. Stärker als sonst bei Friedrich rückt die Diesseitigkeit menschlichen Lebens hier in den Blickpunkt des Künstlers. Wiedergegeben sind Landschaftserlebnisse aus dem böhmischen Mittelgebirge südlich von Teplitz. Unser Blick geht rechts zum Milleschauer, links ist ihm, in symmetrischer Entsprechung des Bildaufbaus, das ebenso weit ausschwingende Profil eines zweiten Berges, des Kletschen, gegenübergesetzt. Aus der blaugrauen Ferne dieser Bergsilhouette kehrt unser Auge dann zurück zu dem sattgrünen Wiesenhang im Vordergrund, wandert von hier aus vielleicht den Weg hinab ins Tal, zu dem flach geduckten Haus hin, das von Bäumen und Büschen halb verborgen liegt, doch mit dem aufsteigenden Rauch des Schornsteins die Anwesenheit menschlichen Lebens verrät. Oder wir steigen in Gedanken den Weg rechts hinauf in die Hügel mit dem immer lichteren Gelbgrün ihrer Höhen, um von hier aus womöglich eine noch bessere Überschau über diese Landschaft gewinnen zu können. Die Leichtigkeit, mit der uns solche Augenwanderung von dem vorn angebotenen Wegbeginn aus über das Bild trägt, scheint einem Seelenzustand zu entsprechen, sie korrespondiert auf das Vollkommenste mit dem Charakter der Naturdarstellung. In seiner wunderbaren Zartheit und heiteren Gelöstheit gehört das Gemälde unzweifelhaft zu den schönsten Landschaftsdarstellungen deutscher Malerei. (Autor: Gerd Spitzer, 2018)
Böhmische Landschaft mit dem Milleschauer, 1808
Caspar David Friedrich
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Bildnachweis
Elke Estel/Hans-Peter Klut, SKD
Lizenz
Public Domain Mark 1.0